Der einstige Newcomer in der EMS-Branche hat sich nach einem halben Jahrzehnt zum Engineering-Profi und Gesamtdienstleister in der Nische entwickelt. Matthias Holsten, Unternehmensführer der ersten Stunde, und sein Nachfolger Alexander Nest geben Antwort über den derzeitigen Stand und die weitere Entwicklung des Norderstedter Dienstleisters.

Das Gespenst der Polarisierung geht weiter im Markt umher. Es hat sich gezeigt, dass rein auf Standardbestückung ausgelegte Betriebe nicht mehr auf Rosen gebettet sind. Ist der Wechsel auf der Kommandobrücke der Plath EFT eine Folge davon?

Matthias Holsten: Die reine Fertigung im kleinen Prozessbereich war zu Beginn unser eigentliches Geschäft. Zu einer Zeit, die von Marktbereinigung geprägt war, noch ein Unternehmen mit standardisierter Dienstleistung zu gründen, klang zunächst einmal paradox. Nur: vornehmlich mit Fertigungsaufgaben für die Muttergesellschaft, der Plath GmbH, betraut, hatten wir den notwendigen Rückenwind zum Start. Zudem gingen wir frühzeitig daran, mit dem Unternehmen in die Nische zu gehen: die damals denkbar höchste Qualitätsstufe für mittelgroße Losgrößen anzubieten. Mit dem Transfer erfahrener Facharbeiter aus der Plath GmbH und der Möglichkeit in die Hightech-Fertigung zu investieren, waren wir schnell anderen Mitbewerbern eine Nasenlänge voraus. In den letzten zwei Jahren zeigte sich, dass wir uns etabliert haben und das Niveau auch künftig halten können.

Herr Nest, Sie stehen seit Oktober und noch bis Ende dieses Jahres gemeinsam mit Herrn Holsten dem Unternehmen vor. Ist das nicht ungewöhnlich? Nicht gerade selten findet man als Nachfolger den leeren Chefsessel vor.

Alexander Nest: Die Politik der Plath-Gruppe, zu der die Plath EFT zu einhundert Prozent gehört, ist, Kontinuität zu wahren. Ich sehe das ebenso, dass es vornehmlich darum geht, die Position in diesem sehr bewegten Markt mit den erreichten Stärken weiter zu festigen. Die kooperative Art der gemeinsamen Unternehmensführung knüpft an das Erreichte an. Das gute Fundament der Marke EFT gilt es weiter auszubauen.

Haben Sie schon eine Vorstellung, wie Sie das bewerkstelligen, worin sehen Sie neue Entfaltungsmöglichkeiten?

Alexander Nest: Der EMS-Markt zeigt sich sehr preisfixiert, zieht diese Größe als alleiniges Kriterium zur Entscheidungsfindung heran. Ich denke, dass es wichtig ist Kunden dafür zu sensibilisieren, die EMSDienstleistung einer Gesamtprozessbetrachtung zu unterziehen. In anderen Industriezweigen hat man damit bereits gute Erfahrungen gemacht. Und da sehe ich nicht nur Zulieferer mit hohen und höchsten Stückzahlen wie beispielsweise die Automobilindustrie. Hier werden wir künftig verstärkt ansetzen, die damit verbundenen Vorteile deutlich herauszustellen: den Gesamtprozess in den Entscheidungsgremien und Gesprächen so zu etablieren, dass die Gesamtkosten eines Projekts im Vordergrund stehen. Die Anzahl derjenigen Ansprechpartner die sich in dieser Betrachtungsweise zu Hause finden ist in den Unternehmen immer noch unterrepräsentiert. Der Leidensdruck durch Preiskämpfe wird folglich nur größer. Den Mehrwert, den wir so für unsere Kunden erzielen, müssen wir in deren Reihen weitertragen. Letztendlich ist für den Auftraggeber wichtig, dass er über den gesamten Prozess verstanden und bedient wird. Und nicht, einen vermeintlich guten Preis ausgehandelt zu haben. Wenn am Ende hängenbleibt „Die von der Plath EFT können das“ kommen wir in der angestrebten Expansion ein gutes Stück voran.

Matthias Holsten: Hier weiter aufzusetzen, ist nach meinen Erfahrungen richtig. Es war harte Schweißarbeit und hat sechs lange Jahre gedauert, bis auf der Kundenseite das Bewusstsein durchkam, bei der Plath EFT eine hohe Fertigungstiefe, sozusagen „alles aus einer Hand“, abrufen zu können. Man kann den Gedanken der vorteilhaften Gesamtbewertung nicht oft genug wiederholen, personelle Veränderungen bei den Auftraggebern im Einkaufsbereich fordern diese Missionarsarbeit. Nicht selten herrscht enormen Druck vorgegebene Einsparungsziele durchsetzen. Aber auch wir müssen unser Geld einspielen. Allein der Blick auf die für OEMs wichtige Fertigung von Prototypen lässt alle Beteiligten schnell erkennen, dass dies mit reiner Preisbetrachtung einfach nicht zu machen ist. Das ist ein anderer Prozess, der nur über die Betrachtung einer gut funktionierenden Geschäftsbeziehung realisierbar ist. Aber genau diesen Bereich weiter ins Feld zu führen ist ein Plus der Plath EFT. Ohne ausgeprägtes Engineering kann man in der Branche auf Dauer keinen Blumentopf mehr gewinnen. Man muss prospektive Kunden an verschiedenen Einstiegspunkten abholen können, nicht jeder fängt mit einem neuen EMS-Dienstleister in der Prozesskette ganz vorne an. Letztendlich hat uns der E2 -Gedanke, das zusätzlich gebotene Engineering, in den vergangenen fünf Jahren uns zu unseren heutigen Kunden geführt. Den Synergieeffekt der für beide Seiten entsteht, kann man nicht hoch genug bewerten.

Alexander Nest: Mein Beweggrund, mich im EMS-Bereich zu engagieren, liegt in der Entwicklungsmöglichkeit, die das E2 einem Fullservice-Dienstleister in einer schwierigen Marktlage bietet: Es ist unverkennbar, dass die Wirtschaft immer mehr Mangel an qualifizierten Fachkräften haben wird. Gleichzeitig werden die Entwicklungszyklen auf bedenkliche Weise kürzer, die Fertigungsprozesse zunehmend komplexer. Die Anbindung an einen starken Partner, der zudem auf langfristige Lösungen setzt, macht einfach Sinn. Die Branche durchläuft gerade einen Wandlungsprozess: Qualität und globales Denken sind gefragt. Mir ist es ein persönliches Anliegen hier aufzusatteln, diesen Weg mit unseren Kunden zu beschreiten, ihn fortzusetzen. Das Ziel muss sein, dass unser Auftraggeber schon zu Beginn des Produktlebenszyklus den Kontakt zu Plath EFT sucht. Das gilt auch und gerade für anspruchsvolle Branchen, wie beispielsweise die Medizintechnik. Unsere künftigen Auftraggeber sollen wissen, dass die Komplexität der Aufgabe von uns verstanden und ihre Projekte ganzheitlich abgewickelt werden.

Matthias Holsten: Wir sind zwangsläufig in einer investitionsintensiven Branche unterwegs. Das betrifft unseren Gerätepark und die personelle Aufstockung gleichermaßen. Der notwendig hohe Qualitätsmaßstab und die verpflichtende Qualitätssicherung bei anspruchsvollen Kunden wie in der Luftfahrtindustrie und der Wehrtechnik verstärken die Anforderungen zudem. Um derartige Anstrengungen über Jahre zu gewährleisten, ist stetes Wachstum als Soll vorgegeben. Ich sehe für die Plath EFT die Notwendigkeit und auch die Chance, in den kommenden zwei Jahren zu wachsen. Mit Herrn Nest gewinnt das Unternehmen nach meiner Einschätzung einen Experten mit breiter Branchenexpertise, die dem Aufbruch in neue Märkte sicherlich förderlich ist.